Warum die Romantisierung von emotionalem Missbrauch aufhören sollte.

Ihr Lieben,

Vorab eine Triggerwarnung: Romantisierung von missbräuchlichem Verhalten, explizites Aufzählen von missbräuchlichem  Verhalten.

Spoilerwarnung: Dieser Beitrag kann Spoiler zu der After Reihe, Shades of Grey und Im Reich der 7 Höfe enthalten.

Ich habe ein aufregendes Wochenende hinter mir, dass mir einiges an Input verliehen hat. Ich war nämlich auf dem Literatur Camp in Heidelberg und habe dort nicht nur vielen wunderbaren Sessions gelauscht, tolle Menschen wiedergesehen und noch tollere Menschen kennengelernt, ich habe auch selber eine Session gehalten.                                            In meiner Session habe ich das Thema “emotionaler Missbrauch als Love Trope” besprochen und würde es hier nochmal gerne aufgreifen. Vorab hier ein kleiner Disclaimer: Ich spreche hier als eine Person, die selber von emotionalem Missbrauch betroffen ist, aber auch in der Lage ist, ein Buch zu mögen das eine Toxische Beziehung romantisiert, wie am Beispiel von Sarah J. Maas Büchern.  Alles was ich mit diesem Beitrag bezwecke, ist ein Bewusstsein zu schaffen.

Was ist emotionaler Missbrauch?

 

Der Begriff ist abgeleitet aus dem englischen emotional abuse und bezeichnet eine Form der psychischen Gewalt. Im deutschen Sprachraum kennt es als emotionale Misshandlung oder emotionalen Missbrauch. Es geht dabei und Macht und Kontrolle und wird oft von Personen ausgeübt, die selbst Opfer von emotionalem Missbrauch waren.

 

Die 10 wichtigsten Erkennungsmerkmale

 

1).Person überschreitet Grenzen, respektiert kein „nein“ und bedrängt dich.

2). Person macht dich nieder und dreht alles so um, dass du den Eindruck erhälst, dass du  Schuld bist.

3). Silence treatment& Liebesentzug Als Strafe ≠ Time out.

Anders als bei einem Time out, wo die Person um eine Auszeit bittet um sich emotional sammeln zu können um nachher den Konflikt rationaler begehen zu können, ist das silent treatment eine Machtdemonstration in dem suggeriert wird, man sei es nicht wert die Liebe und Wertschätzung der anderen Person zu erhalten.

4). Sarkasmus,Passiv-Aggressives Verhalten als Werkzeug der Manipulation.

Oftmals besitzt man einen Instinkt, der einem die Stimmung  einordnen lässt, wenn dieser Instinkt einem sagt, dass etwas nicht stimmt und man auf Nachfragen ein „Alles gut, obwohl nicht alles gut ist, erhält oder passiv-aggressive Antworten zu hören bekommt, ist auch das ein Anzeichen.

5). Extrem inkonsistent in den Absprachen. Person  widerspricht sich selbst und hält sich nicht an Vereinbarungen.

Das kann schon eine Bitte sein, etwas Bestimmtes nicht mehr zu sagen, da es verletzend ist.

6). Die Schuld wird immer auf dich geschoben, dabei werden die Tatsachen oft so verdreht, sodass du dich am Ende entschuldigst.

7). Es wird gelogen, sodass man sich schlussendlich selbst hinterfragt.

8). Du wirst ständig kritisiert, so sehr, dass du dich enorm unwohl und unsicher fühlst.

9).  Deine Entscheidungen werden kontrolliert, so sehr dass du dich anzweifelst.

10). Die Person manipuliert dich um ihren Willen durchzusetzen und es so darzustellen, als sei es deine Entscheidung, wenn nicht, dann wird dir  ein schlechtes Gewissen eingeredet.

 

 

Beispiele in der Literatur

 

Immer häufiger wird dieses Trope in Büchern für eine Liebesbeziehung verwendet.

 

Beispiele:

After Reihe von Anna Todd:

Protagonistin Tessa,  Schema graue Maus, verliebt sich in Bad Boy Hardin, der ihr vorspielt Gefühle für sie zu haben. Er wird als unnahbar beschrieben und nähert sich in einem Moment der Protagonistin an, stößt sie aber dann wieder zurück. Er ist nach einem Familienstreit sehr betrunken und randaliert, sie wird zur Hilfe gerufen. Er unterstellt ihr, sie würde ihm mit ihrem Wunsch zu helfen bestrafen und ein schlechtes Gewissen einreden wollen.  Er verleiht ihr dadurch „Leben“. Er nennt sie erbärmlich, aber im nächsten Moment benimmt er sich ihr gegenüber sehr fürsorglich. Dieses Prozedere wiederholt sich, bis sich am Ende herausstellt, dass Hardin sich nur um Tessa bemüht hat, weil er eine Wette abgeschlossen hat, sie zu entjungfern. Das blutige Laken dient als Beweis, dass sie ihm gelungen ist.  Alles wird mit der Anziehung zwischen den Beiden und seinem guten Aussehen entschuldigt.

 

Fifty Shades of Grey von E.L. James

Protagonistin Ana Steele ist College Absolventin als sie Christian Grey trifft, es entsteht ein Verhältnis, da er keine Beziehungen führen will, sich aber so sehr von ihr angezogen fühlt, dass er sie als seine SUB will, sie muss einen Vertrag unterzeichnen. Er zwingt ihr seinen Willen auf, sagt ihre Jungfräulichkeit sei ein Problem, kontrolliert ihr Leben und übergeht ihr Safeword und Bitte aufzuhören, weil er ihre Grenzen nicht respektiert. Es wird ihm verziehen er sieht gut aus.

 

A Court of Thornes and Roses (Im Reich der Sieben Höfe) von Sarah j. Maas

Protagonistin Feyre wird von Tamlin ins Feenreich entführt als Austausch für das Leben ihrer Familie, da es eine Nacherzählung von die Schöne und das Biest ist, brauche ich nicht genau darauf einzugehen, wie sich die Liebesgeschichte zwischen den Beiden entwickelt. Tamlin und die gesamte Welt der Fae müssen von Feyre gerettet werden, weswegen Feyre  sich in Gefangenschaft der Tyrannin Amarantha begibt. Dort zwingt  Rhys ihr einen Deal auf, den sie nicht ausschlagen kann, er erniedrigt sie und zwingt ihr ein magisches Tattoo auf. In Band zwei wird Tamlin sehr beschützend, engt Feyre ein indem er sie 24/7 kontrolliert und einsperrt, trotz Trauma.

 

Das sind nur 3 von vielen Beispielen.

Das Grundschema ist  immer dasselbe, ER  der Beschützer, ER  verhält sich nur aufgrund eines Traumas so  und er sieht unfassbar gut aus, SIE kann nicht klar denken.  An diesem Trope nicht nur das Frauenbild falsch, sondern auch allgemein alles.  Es wird ein falsches Beziehungsbild vermittelt.                   

„Scheiß egal wie er dich behandelt, er sieht gut aus“ und jungen Menschen, hauptsächlich weiblich wird ein falsches Idealbild einer Beziehung vermittelt.

Denn tatsächlich liest man immer häufiger im Internet Lobeshymnen auf die Beziehung und dass junge Mädchen von Hardin Scott als Idealbild für eine Beziehung dient, was ich absolut verwerflich finde.  Denn emotionalen Missbrauch als solchen zu erkennen ist schwer, noch viel schwieriger ist es, sich aus einer toxischen Beziehung zu befreien und das wird nochmal enorm erschwert, wenn Bücher einem vorgaukeln, dass dieses Schema akzeptabel ist.  Denn ob wir es sehen wollen oder nicht, Bücher sind selten “nur Bücher”, sie beeinflussen uns sowohl bewusst als auch unterbewusst und je nach Gemüt und Alter kann der Einfluss variieren.  Uns ist allen klar, dass vor Allem  eine junge Zielgruppe enorm leicht zu beeinflussen ist und oftmals nicht in  der Lage sind, ein missbräuchliches Verhalten als solchen zu erkennen, geschweige denn sich davon zu distanzieren.

 

 

Ich hoffe euch hat der Beitrag gefallen, schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommentare!

xoxo,

eure Rachel

11 Gedanken zu „Warum die Romantisierung von emotionalem Missbrauch aufhören sollte.

  1. Huhu Liebes,

    ich finde den Beitrag richtig gut und vor allem wichtig.
    Danke ❤️

    Ich mag auch Bücher mit toxischen Beziehungen
    Aber im realen Leben wäre das nichts für mich.

    Liebe Grüße
    Sarah

  2. Hey! Ein ganz toller Beitrag, ich finde dass das Thema allgemein noch sehr tabuisiert wird und viel Unwissenheit darüber herrscht. Und in Büchern ist das nicht anders. Ich selbst lehne solche Geschichten dann auch eher ab, bzw. breche ab. Finde es gut, wenn da auch mal kritisch hingeschaut wird! Ganz liebe Grüße, Kathrin

  3. Hey Rachel,

    danke für deinen Input. Ich habe die Thematik vor dem Litcamp auf Twitter verfolgt und war ein wenig entsetzt darüber, wie sich über Anna Todd’s After-Reihe ausgelassen wurde. Leider konnte ich selbst nicht in Heidelberg dabei sein.

    Mir ist klar, dass toxische Beziehungen nicht verherrlicht werden sollten.
    Aber wer die Reihe tatsächlich geschafft hat, muss zugeben, dass die Protagonistin aus ihren Erfahrungen lernt und daran wächst. Ähnlich wie Feyre im Reich der sieben Höfe.
    Ich finde, das ist ein wichtiger Punkt. Sie akzeptieren es eben nicht, was passiert. Jedoch ist der Weg bis zu dieser Erkenntnis oft lang und steinig.

    Auch persönlich habe ich meine eigenen Erfahrungen mit dem Thema, die meine Einstellung zur Liebe und mein Leben verändert haben. Und auch das war ein langer Weg.

    Liebe Grüße aus Leipzig
    Tina

    1. Hallo Tina,
      Ich habe After tatsächlich komplett gelesen, bzw gehört und das missbräuchliche Verhalten hört in meinen Augen nicht auf, ich finde, dass es abschwächt. Bei Feyre ist die Sache komplizierter, da sie die Beziehung zu Tamlin als missbräuchlich oder schädlich für sich erkennt, aber eben Rhys dann der Good Guy ist, obwohl sein Verhalten auch nicht immer ganz so ohnegleichen war…Aber ich will ehrlich gesagt keine Grundsatzdiskussion anzetteln, weil ich ja auch niemanden verurteile, der After gerne liest etc. Ich selbst mochte ACOTAR sehr gerne und die Diskussion auf Twitter fand ich jetzt auch nicht verwerflich, aber da darf ja jeder eine andere Meinung haben.

      Liebe Grüße,
      Rachel

  4. Danke für den Beitrag, er ist sehr aufschlussreich und beleuchtet die Geschichten aus einer interessanten Perspektive. Ich verfolge Diskussionen dazu schon eine Weile und habe es vorher selbst nie so richtig wahrgenommen. Ich wusste, dass ich in der Realität niemals in einer solchen Beziehung leben könnte, schmelze aber beim Lesen von Shades of Grey und co. dahin. Ich lese diese Bücher gern, da ich die Konflikte als spannend empfinde und dieses “füreinander bestimmt sein” und “Liebe über alle Grenzen” im Kern sehr schön finde. Nur die Art und Weise, wie dies erreicht wird, ist mir heute mehr als früher unpassend. Dominanz ist ok, aber eine Frau sollte sich nicht als Opfer ihrer Gefühle hingeben. So wenig ist sie nicht wert, dass sie für eine schicksalhafte Beziehung alles hergibt, auch wenn es sich gut anfühlt. Bei After Passion habe ich meine Grenze gezogen. Ab Band 2 war mir das zu viel des guten und hat mir gezeigt, dass bei aller Liebe so etwas nicht füreinander bestimmt sein kann. Ich werde diese Bücher aber dennoch weiterlesen, weil ich für mich eine klare Grenze zwischen Fiktion und Realität ziehe und sie mir viele Stunden Lesefreude bereiten. Aber viele jüngere Leser können das nicht. Da diese Bücher sich in Massen verkaufen, sollte unbedingt mehr darüber aufgeklärt werden. Sonst wirkt es auf viele tatsächlich als normal. Jetzt habe ich mich zu einem ellenlangen Kommentar hinreißen lassen, also nochmal vielen Dank für den kritischen Blick und die tolle Darstellung :D.

  5. Hallo Tanja,
    Genau das ist der Grund weswegen ich diesen Beitrag geschrieben habe! Ich kann dir gerade nicht sagen, wie sehr mich dieser Kommentar freut, denn genau dieses Denken wollte ich erreichen, dass man bewusster liest. Du hast den Kern des Problems exakt erfasst und ich finde es gar nicht schlimm, dass der Kommentar so lang geworden ist. Man muss gewisse Gedanken einfach aussprechen 🙂

    Ganz liebe Grüße,
    Rachel

  6. Liebe Rachel, danke für den Beitrag, ich war in HD zeitgleich in einer anderen Session und hatte gehofft, Dein Thema nochmal nachlesen zu können.
    Ein echt guter und wichtiger Post!
    Lieben Gruss
    Isabel

  7. Guten Morgen,
    vielen Dank für diesen ehrlichen und hoffentlich für viele auch hilfreichen Beitrag.
    Ich selbst habe keines der Bücher gelesen und bin ziemlich fasziniert davon, was sie im Grunde alle aussagen.
    SoG habe ich im Tv gesehen und mich halb Kaputtgelacht, wie SIE sich benommen hat.
    Mir der Szene kenne ich mich nicht aus und ehrlich gesagt, will ich das auch nicht. Aber das war er tut, ist schon unterste Schublade.
    Das Reich der sieben Höfe habe ich als Hörbuch versucht, es dann aber abgebrochen weil ich nicht rein kam. Wenn ich das so lese, bin ich froh es nicht zu tun.

    Viele wissen einfach nicht, was Bücher emotional mit Ihnen anrichten und wenn ich mir so die heutige Jugend anschaue dann wundert es mich nicht, dass es immer mehr zu solch übergriffen kommt.

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